Geht es um die Blockchain-Technik, dreht sich das Gespräch meist nur um Bitcoin und andere Kryptoanlagen. Viel größeres Potential sehen Fachleute in einer Revolution des Finanzwesens durch dessen Dezentralisierung. Sogenannte Decentralized-Finance-Modelle, kurz Defi, hätten „mittel- und langfristig das Potential, die Rolle von Finanzinstituten neu zu definieren“, sagt Cyrus de la Rubia, Chefvolkswirt der Hamburg Business Financial institution (HCOB) – auch wenn sie derzeit mit einem Gesamtvolumen von 42 Milliarden Euro nur eine Nische besetzten.
Die Idee hinter Defi ist es, Dienstleistungen von Banken, Vermögensverwaltern oder Börsen durch einen auf einer Blockchain programmierten Code abzubilden. Diese „Sensible Contracts“ ermöglichen es, Finanztransaktionen direkt und damit ohne Intermediäre auszuführen. In einigen Bereichen, schreibt de la Rubia in einer Studie, die die HCOB mit dem Defi-Dienstleister Bitbond erstellt hat, könne Defi mit Banken in einen Wettbewerb treten und dafür sorgen, dass deren Gewinnmargen sinken oder Geschäfte wegbrechen, etwa bei besicherten Krediten. Anderswo, etwa im Zahlungsverkehr oder im Handel mit Wertpapieren, könnten Banken dezentrale Anwendungen zur Ergänzung ihres Geschäftsmodells nutzen. Bewegten sich diese frühzeitig, könnten sie sich Vorteile gegenüber Wettbewerbern verschaffen.